Ein hoher Cholesterinwert gilt als Risikofaktor für einen Herzinfarkt. Deshalb schlucken in der Schweiz rund 760’000 Menschen Cholesterinsenker sogenannte Statine. Rund ein Viertel davon hat bereits einen Herzinfarkt erlitten – bei ihnen ist die Wirkung und Sinnhaftigkeit des Medikaments unbestritten. Bei dem anderen weit grösseren Anteil streiten sich Fachleute darüber, ob diese Therapie sinnvoll ist oder nicht.
Rasanter Anstieg
Der Verkauf von Cholesterinsenkern ist rasant angestiegen: innert neun Jahren hat sich der Absatz fast verdoppelt auf über 2 Mio. Packungen pro Jahr. In den höheren Altersgruppen findet schon fast eine Massenverschreibung statt – trotz umstrittenen Nutzens bei gesunden Menschen.
Erhöhtes Cholesterin – was nun?
Ob jemand ein Kandidat für eine Statineinnahme ist, errechnen Ärzte heute oft mit einem sogenannten Risikorechner. Darin werden Blutwerte (z.B. der Cholesterinwert), Alter, erbliche Vorbelastung, eventueller Nikotinkonsum und Weiteres erfasst. Dieser Rechner spuckt dann ein Risiko aus. Ab 10 % spricht man von einem mittleren Risiko – will heissen: von 100 Personen mit den gleichen Lebensgewohnheiten und Vorbelastungen erleiden 10 Menschen in den nächsten 10 Jahren einen Herzinfarkt. Werden Cholesterinsenker eingenommen, können von diesen 10 vielleicht drei vermieden werden.
Es gibt nun unter den Experten verschiedene Meinungen, ab welchem Risiko die Einnahme von Cholesterinsenkern sinnvoll ist. Die Befürworter verschreiben das Mittel bereits ab einem Risiko von 10 %. Sie argumentieren, dass das Statin ein gut erprobtes Medikament ist. Ausserdem könne man viel mehr erreichen, wenn noch kein Infarkt stattgefunden habe. Danach nütze die Einnahme viel weniger.
Die Gegner der verfrühten Abgabe weisen auf den bescheidenen Nutzen des Cholesterinsenkers bei gesunden Menschen hin. Sie versuchen viel eher, die Lebensumstände der Betroffenen zur Sprache zu bringen.
Was tun wir in der Praxis am Bahnhof?
Wenn der Wert des Risikorechners bei kleinem bis mittlerem Risiko liegt und keine weiteren Risikofaktoren wie zum Beispiel ein Diabetes vorliegen, raten wir in der Praxis eher von der Einnahme von Cholesterinsenkern ab.
Und was ist mit der Ernährung?
Eine cholesterinarme Ernährung kann das Cholesterin nur sehr, sehr minim senken. Nichtsdestotrotz ist eine gesunde Ernährung wichtig, wenn man ein leicht erhöhtes Herzinfarktrisiko hat. Auch wenn dadurch der Cholesterinspiegel nicht sinkt, wirkt sich das richtige Essen nur positiv auf den Köper aus.