Dr. med. Ekkehard Röhr stammt aus Deutschland und ist bei uns als Phlebologe tätig. Das heisst, er kümmert sich um Krankheiten, die mit den Venen zu tun haben, insbesondere Krampfadern und Besenreiser. Wie er dazu gekommen ist und woher seine Leidenschaft für den Ultraschall kommt, erzählt er im Interview.
Dr. Röhr, Sie haben sich für die Fachrichtung Orthopädie entschieden. Weshalb und was gefällt Ihnen daran?
Die Orthopädie habe ich gewählt, weil mich während des Studiums der Bewegungsapparat mehr und mehr faszinierte. Dabei interessierten mich Verletzungen genauso wie angeborene Erkrankungen.
Während der Facharztausbildung fand ich wiederum die orthopädischen Erkrankungen bei Kindern besonders spannend, z.B. die Hüftdysplasie oder Klumpfüsse. Wenn diese Krankheiten zügig nach der Geburt erkannt werden, können sie ohne Spätfolgen therapiert werden. Das ist für den Arzt und Patient ein grosses Erfolgserlebnis – und zwar ohne operieren zu müssen.
„Ich war einer der ersten Ärzte in Deutschland, der den Hüftultraschall bei Neugeborenen anwandte.“
Und wie ging es weiter?
Zu Beginn meiner Laufbahn habe ich, wie zuvor erwähnt, viele Kinder mit orthopädischen Krankheitsbildern behandelt. Die erwähnte Hüftdysplasie, eine Hüftreifungsstörung, kommt relativ häufig vor, vor allem in bestimmten Regionen. Deshalb hat man begonnen, alle Neugeborenen darauf zu untersuchen. Damals wurde die Säuglingshüfte noch geröntgt, was ein grosser Aufwand für alle Beteiligten war, das Neugeborene musste ja still liegen, dazu kam die Belastung mit Röngenstrahlung. Auf den Röntgenbildern sah man ausserdem nur die schwereren Hüftdysplasien.
Der Ultraschall war ein ganz neues Verfahren und wurde bis in die 80er Jahre noch nicht verwendet. Ich habe dann angefangen, die Babyhüfte damit zu untersuchen, was für die Kinder sehr viel angenehmer war und eine genauere Diagnostik erlaubte, denn auf dem Ultraschallbild sieht man auch die leichten Hüftreifungsstörungen. Ich war einer der ersten Ärzte in Deutschland, der dieses Verfahren anwandte. Heute ist es Standard.
Wie kamen Sie dann von der Orthopädie zur Phlebologie?
Wer Schmerzen in den Beinen hat, geht oft erst einmal zum Orthopäden. So landen vielfältige Krankheitsbilder in der orthopädischen Praxis: Gelenkbeschwerden, Ischias-Schmerzen (Schmerzen mit Ursache in der Wirbelsäule, die ins Bein ausstrahlen) oder Durchblutungsstörungen in den Beinen.
So häuften sich die Patienten in der Praxis, die keine Schmerzen verursacht durch den Bewegungsapparat hatten, sondern durch erkrankte Venen.
Hinzu kam die Nachbetreuung derjenigen Patienten, die eine Operation am Bein hatten und danach einen Gips trugen.
Nach der Gipsabnahme hatten die Patienten oftmals Schmerzen in den Beinen. Ich habe damals, eigentlich mehr aus Neugierde, die Adern der Beine mit dem Ultraschall untersucht und konnte häufig Beinvenenthrombosen feststellen. Es war damals noch nicht bekannt, dass man Thrombosen mittels Sonographie (Ultraschall) feststellen kann. Es wurde noch die aufwändige Phlebographie betrieben, also die Röntgendarstellung mit Kontrastmittel.
Mitte der 80er Jahre habe ich in einer Fachzeitschrift einen Artikel über einen Phlebologen in Frankreich gelesen, der Venen mittels Sonographie untersuchte. Ich bin hingefahren und habe mir die notwendigen Kenntnisse angeeignet.
Auch hier war ich einer der ersten in Deutschland, der dieses Verfahren anwandte.
Braucht der Phlebologe besondere Fähigkeiten?
Er muss gute anatomische und sonographische Kenntnisse über das Gefässsystem haben. Ausserdem sollte er ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen haben, denn es gilt ein zweidimensionales Ultraschallbild in ein dreidimensionales Bild im Gehirn umzuwandeln. Für die Schaumverödung braucht es viel Erfahrung in der Anwendung des Ultraschalls.
Welche Probleme treffen Sie am häufigsten in Ihrem Sprechzimmer an
Meist suchen mich Patienten mit ausgeprägten Krampfadern, geschwollenen Beinen oder Schweregefühl in den Beinen auf. Auch treffe ich häufig auf Thrombosen und Venenentzündungen.
„Die Patienten sind sehr dankbar und äussern dies auch.“
Was sind die grössten Herausforderungen in Ihrem Beruf?
Meine Hauptaufgabe ist es, die Risiken zu vermindern, die ein Patient mit Krampfadern hat. Denn Menschen mit ausgesprochenen Varizen (Krampfadern) neigen zu Thrombosen, die letztlich zu einer gefährlichen Lungenembolie (Verstopfung von Lungengefässen) führen können.
Was sind die häufigsten Behandlungsarten ausser der Schaumverödung?
Es gibt neben der Schaumverödung weitere Verfahren wie die Lasertherapie oder die Operation. Die Schaumverödung birgt naturgemäss weniger Risiken als die Operation, da z.B. die Narkose wegfällt.
Was war die schönste oder lustigste Geschichte, die Sie je mit einem Patienten erlebten?
Einen Patienten behandelte ich, als ich meine Praxis auf Gran Canaria betrieb. Ein ca. 45-jähriger Mann wurde von seiner 25-jährigen Freundin in die Praxis gezerrt. Er hatte ausgesprochene Krampfadern. Sie meinte nur: „Zu dem Mann sag ich ja, aber an den Strand gehe ich so nicht mit ihm.“ Sie waren dann beide sehr glücklich mit dem Ergebnis.
Wann freuen Sie sich in Ihrem Beruf?
Das Schöne an meinem Beruf ist, dass ich in 90% der Fälle wirklich gute Ergebnisse erreiche. Ich freue mich über jede „ausgerottete“ Krampfader.
Wann ärgern Sie sich in Ihrem Beruf?
Eigentlich nie, die Patienten sind sehr dankbar und äussern dies auch.