Gluten gut oder böse?

Glutenfrei ist sinnvoll für Menschen, die an Zöliakie leiden, für alle anderen weniger

Maximal 1 % der Bevölkerung leben mit der Diagnose Zöliakie. Das heisst, sie dürfen kein Gluten konsumieren. Circa 4 % vertragen es nicht besonders gut. Alle anderen können den im Korn befindlichen Eiweisskleber ohne Bedenken auf ihrer Nahrungsmittelliste belassen. Trotzdem ist in den letzten Jahren ein wahrer Hype um glutenfreie Nahrungsmittel entstanden und immer mehr Menschen ernähren sich so.

Überzüchteter Weizen?

Schuld an der grassierenden Glutensensitivität soll der überzüchtete Weizen sein. Mehr Gluten macht das Brot luftiger und es braucht weniger Zeit, um aufzugehen. Darum wurden die Inhaltsstoffe des Mehls in die entsprechende Richtung gezüchtet – so die Theorie. Wissenschaftliche Beweise, dass das beliebte Korn heute mehr vom Eiweisskleber Gluten enthält, fehlen.

Patientenwünsche

Auch wir in der Praxis spüren den Hype: immer mehr Patienten, fragen uns, ob eine glutenfreie Ernährung für sie sinnvoll wäre. Bei den meisten liegen wenige bis keine Anzeichen für eine Zöliakie vor. Wir raten meist von diesem Vorhaben ab, da die Erfolgsaussichten auf eine Besserung des allgemeinen Gesundheitszustandes sehr gering sind.

Rigorose Auslassdiät

Will jemand auf Gluten verzichten, muss eine rigorose Auslassdiät erfolgen. Das bedeutet, es liegen auch keine geringen Mengen wie bei einem panierten Schnitzel oder einer mit Mehl gebundenen Sauce drin. Wenn dann die Beschwerden vollständig verschwinden, ist die Therapie unserer Meinung nach sinnvoll. Wenn es nur „es bitzeli“ besser wird, handelt es sich eher um einen psychologischen Effekt: wer das Gefühl hat, sich gesünder zu ernähren, fühlt sich automatisch besser.

Viele hören wieder auf damit

Laut Statistik führt jede Ernährungsumstellung anfangs zu einer Verbesserung des Gesundheitszustandes – die Symptome nehmen um etwa 30 % ab. Dieser Effekt lässt aber mit der Zeit nach. Deshalb führen viele sang- und klanglos Gluten wieder in ihren Ernährungsplan ein.