Schmerzen zu bekämpfen ist eine der grossen und wichtigsten Aufgaben der Hausarztmedizin. Die Beschwerden sind genauso vielfältig wie die Wege, die zum Ziel führen. Auf die richtige Balance kommt es an.
Schmerzen sind wichtig
Die Weltschmerzorganisation definiert Schmerz als „ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder potentieller Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird“. Schmerz ist wichtig, würden wir ihn nicht empfinden, würden wir bei einer Krankheit oder einem Unfall einfach weitermachen ohne die Schädigung im Körper zu beheben. Dies könnte im schlimmsten Fall zum Tod führen, beispielsweise bei einer Blinddarmentzündung.
Akute und chronische Schmerzen
Man unterscheidet zwischen akuten und chronischen Schmerzen.
Akute Schmerzen
- gehen vorüber,
- sind lokal im Körper begrenzt,
- haben meist eine klare Ursache
- und dienen als Alarmfunktion.
Chronisch Schmerzen dauern an und verschwinden nicht einfach. Oftmals ist die Ursache unklar und sie sind nicht genau lokalisierbar. Manchmal beginnen die chronischen Schmerzen mit akuten Schmerzzuständen, die eventuell nicht richtig behandelt wurden. Manchmal entstehen sie aber scheinbar aus dem Nichts.
Die Gründe für das Aufkommen chronischer Schmerzen sind nicht restlos geklärt. Man vermutet, dass folgende Faktoren daran beteiligt sind:
- Depression
- Ängste
- Bewegungsvermeidung aus Angst vor Schmerzen
- Ignorieren der eigenen Belastungsgrenzen
- soziale Probleme
- frühere Erfahrungen von Schmerz und Stress
Behandlung von akuten Schmerzen
Akute Schmerzen sind einfacher behandelbar als chronische Schmerzen. Vor allem bei starken Schmerzen gilt die Devise «stark, kurz, schnell». Das heisst man verabreicht so rasch wie möglich ein starkes Mittel über eine kurze Dauer. Denn je eher der Schmerz vorübergeht, desto schneller kann sich der Körper entspannen und es geht ihm wieder besser. Hier ist die Haltung «Ich brauche keine Schmerzmittel, ich halte es schon aus.» kontraproduktiv, da sich die Schmerzen verselbständigen können und es zu einer Chronifizierung kommen könnte.
Beispielsweise die Gürtelrose: Dabei kommt es zu Hautausschlag oft mit Bläschenbildung. Die Krankheit verursacht starke Schmerzen. Werden diese zu schwach behandelt, kann daraus eine sogenannte postherpetische Neuralgie entstehen: Der Schmerz besteht weiterhin obschon die Krankheit als solche abgeklungen ist. Dieser Zustand kann sich Monate, Jahre oder sogar das ganze Leben hinziehen. Es ist bewiesen, dass die postherpetische Neuralgie deutlich seltener vorkommt, wenn der Schmerz am Anfang stark und schnell behandelt wird.
Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie sich Schmerz verselbständigen kann, obwohl die Ursache verschwunden ist.
Behandlung von chronischen Schmerzen
Die Behandlung von chronischen Schmerzen stellt Hausärzte nicht selten vor eine Herausforderung, bei der viel Fingerspitzengefühl gefragt ist. Der Umgang der Patienten mit Ihren Schmerzen ist sehr unterschiedlich. Auf der einen Seite stehen jene, die bei den kleinsten Anzeichen gleich ein Schmerzmittel einnehmen auf der anderen diejenigen, die selbst bei starken Schmerzen die empfohlenen Mittel nicht nehmen.
Auch das Empfinden ist von Mensch zu Mensch anders. Hier reicht das Spektrum von Patienten, die dem Arzt mit einem Lächeln mitteilen, dass sie tödliche Schmerzen haben bis zu jenen, die selbst bei starkem Leiden noch sagen, es sei aushaltbar. Für den Arzt gilt es all dies abzuwägen für die Behandlung.
Typische «Kandidaten» für chronische Schmerzen sind Kopfschmerzen, Migräne oder Rückenschmerzen.
Medikamente in der chronischen Schmerztherapie
Im Gegensatz zu den akuten Schmerzen wo man Medikament «kurz, strak, schnell» verabreicht, gilt bei chronischen Schmerzen die Devise «so wenig und so tief dosiert wie möglich». Deshalb beginnt man wenn immer möglich mit weniger starken Mitteln wie zum Beispiel Paracetamol, welches auch geringere Nebenwirkungen hat. Die Steigerung erfolgt dann über Mittel wie Ibuprofen oder Novalgin und gipfelt in opioidhaltigen Schmerzmitteln.
Rückenschmerzen sprechen häufig nicht so gut auf gängige Schmerzmittel an oder sie helfen nach anfänglich guter Wirkung rasch nicht mehr. Wenn auch die verordnete Physiotherapie nicht hilft, die Schmerzen zu verbessern, muss der Arzt manchmal zu Opioiden greifen in der Hoffnung die starke Bekämpfung lindere den Schmerz.
Die Schmerzbehandlung mit Medikamenten ist immer eine Ermessensfrage. Wenn man beispielweise einem 80-jährigen Patienten mit starker Arthrose sagt, der hohe Medikamentenkonsum könnte in 10 Jahren zu einer Nierenschädigung führen, wird dieser vielleicht sagen, was interessiert mich was in 10 Jahren sein könnte, ich kann heute kaum aus dem Bett aufstehen. Solche Entscheidungen gilt es als Arzt zu akzeptieren.
Ein Überkonsum an Medikamenten ist übrigens der häufigste Grund für Niereninsuffizienz, die tödlich enden kann.
Gefährliche Selbstmedikation
Es kommen immer wieder Patienten in unsere Sprechstunde, die seit langem nicht verschreibungspflichtige Medikamente in der Apotheke holen und sich damit selber therapieren. Jahrelanger Konsum kann die Nieren schädigen, wo dies vielleicht unnötig wäre, da es andere Mittel gibt. Es gilt deshalb: Nie über längere Zeit Schmerzmittel ohne ärztliche Aufsicht einnehmen. Wie gefährlich gewisse Medikamente, vor allem in Kombination mit anderen sein können, lesen Sie hier.
Psychische Komponente in der Schmerzbehandlung
Die Psyche spielt in der Behandlung von chronischen Schmerzen eine wesentliche Rolle. Wie anfänglich erwähnt, stehen psychische Komponenten im Verdacht zur Schmerzauslösung beizutragen. Deshalb kann eine Behandlung der Psyche auch zu einer Schmerzreduktion führen.
Es gibt verschiedene Arten Schmerzen zu betrachten. Beispielsweise kann man sich fragen, welche Rolle die Schmerzen im Leben spielen. So kann man sich beispielsweise bei einer Kopfweh-Attacke hinlegen und Pause machen, ohne dabei ein schlechtes Gewissen haben zu müssen.
Wer schon mal so richtige Zahnschmerzen oder Kopfschmerzen hatte, weiss es: Im Kopf und im Denken existiert nichts anderes mehr als der Schmerz. Man konzentriert sich nur noch darauf. Bei einer Chronifizierung drehen sich die Gedanken oft über Wochen oder Monate um die Schmerzen. Hier gibt es Ansätze, den Fokus einfach auf anderes zu legen und die Schmerzen zu ignorieren. Dabei können Meditationstechniken helfen. In manchen Fällen bleibt einem bei chronischen Schmerzen nichts anderes übrig, als zu lernen mit dem Schmerz zu leben.
Leiden Sie unter Schmerzen, die Sie seit längerer Zeit nicht loswerden? Zögern Sie nicht uns zu kontaktieren!