Salome Zeller war in den letzten Jahren immer wieder für die Praxis am Bahnhof tätig und ist ab diesem Herbst festes Mitglied unserer Ärzteschaft. Sie möchte den Menschen als Ganzes behandeln. Deshalb und wegen der guten Work-Life Balance hat sie die Fachrichtung Allgemeine Innere Medizin gewählt. Als Tochter von Praxisgründer Christoph Zeller kennt sie den Arztberuf schon seit Kindheitstagen.
Dr. Zeller, wollten Sie schon immer Ärztin werden?
Eigentlich nicht, mein kleiner Bruder wollte als Kind immer Arzt werden. Meine Berufswünsche waren Archäologin oder Entdeckerin.
Später am Gymnasium zeigte sich, dass meine Talente und Interessen sehr breit gefächert waren. Sprachen interessierten mich beispielsweise genauso wie Biologie. Auch meinten in dieser Zeit verschiedene Leute, ich wäre doch eine gute Ärztin, ob das keine Option für mich sei. Also machte ich mir nochmals Gedanken über den Arztberuf und fand, dass er eigentlich viele verschiedene Fähigkeiten erfordert.
So dachte ich mir gut, dann gibt es halt zwei Ärzte in unserer Familie und habe das Medizinstudium begonnen. Anfangs wollte ich herausfinden, ob das ein Beruf für mich ist und bin dabei geblieben. Mein Bruder ist übrigens im Marketing gelandet.
Praxisgründer Christoph Zeller hatte früher seine Praxis im Wohnhaus der Familie. Hat Sie das beeinflusst?
Es gibt ein Foto, auf dem mein Vater zu sehen ist, wie er auf das Staatsexamen lernt und ich liege als Baby auf der Krabbeldecke daneben. Ich habe also sozusagen zweimal auf das Staatsexamen gelernt. (lacht)
Ich kann mich auch daran erinnern, dass ich als Kind immer die medizinischen Fachzeitschriften, die zu Hause rumlagen, gelesen habe und ganz genau wissen wollte, was auf den Bildern zu sehen war. Auch die ekligen Bilder haben mich nicht abgeschreckt.
„Ich freue mich jetzt fest in der Praxis tätig zu sein und so langfristige Beziehungen zu den Patienten aufbauen zu können.„
Sie haben sich für die Fachrichtung Allgemeine Innere Medizin entschieden, weshalb und was gefällt Ihnen daran?
Ich wollte mich nicht zu sehr auf einen Bereich spezialisieren, denn ich möchte den Menschen als Ganzes sehen und nicht nur einen Teilbereich behandeln und ihn für den Rest woanders hinschicken müssen.
Ausserdem hat man in einer Praxis, insbesondere in einer Gruppenpraxis, die Möglichkeit sich eine gute Work-Life Balance zu erarbeiten. Das war mir immer wichtig. Denn ich wusste immer, dass ich eine Familie haben möchte und dann in einem reduzierten Pensum arbeiten möchte.
Die Neurologie bzw. die Neurochirurgie hat mich während dem Studium auch sehr interessiert und ich habe auch meine Master- und meine Doktorarbeit auf dem Gebiet verfasst. Ich habe aber gemerkt, dass dieses Fachgebiet eine enorme Bereitschaft verlangt, die sich nicht gut mit einer Familie vereinbaren liesse.
Und hat es sich bewahrheitet, dass sich die Hausarzttätigkeit gut mit der Familie vereinbaren lässt?
Auf jeden Fall! Ich arbeite jetzt seit einigen Wochen wieder nach der Geburt meines ersten Kindes. Und ich freue mich jeweils richtig auf die Arbeit! Ich weiss meine Arbeit viel mehr zu schätzen als vorher.
Ich freue mich jetzt fest in der Praxis tätig zu sein und so langfristige Beziehungen zu den Patienten aufbauen zu können.
Für mich ist Mutter und Hausärztin sein eine Win-Win-Situation, von der sowohl die Familie als auch meine Patienten und nicht zuletzt ich profitieren.
Braucht ein Hausarzt besondere Fähigkeiten?
Ja sicher, es braucht, selbstverständliche neben den medizinischen Kenntnissen, Empathie, Respekt und Menschenkenntnis. Eine gewisse Flexibilität wird auch verlangt, zum Beispiel wenn unvorhergesehene Notfälle auftreten oder schwierige Patientengeschichten unkonventionelles Handeln erfordern.
Welche Probleme treffen Sie am häufigsten in Ihrem Sprechzimmer an?
Hier in der Praxis kümmerte ich mich bisher meist um Notfälle, da ich früher immer nur kurz hier tätig war. Jetzt werde ich mich vermehrt den chronisch Kranken annehmen, da ich sie nun längerfristig betreuen kann.
Was sind die grössten Herausforderungen in Ihrem Beruf?
Es geschieht immer wieder Unvorhersehbares, wie zum Beispiel akute medizinische Notfälle, die nicht warten können. Oder ich habe Patienten mit grossen psychischen Problemen, die sehr herausfordernd sein können.
Fast die grösste Schwierigkeit sehe ich im Zeitmanagement der heutigen Hausärzte. Der neue Ärztetarif lässt uns Ärzten immer weniger Zeit für die Patienten. Als Ärztin möchte ich meine Patienten aber sorgfältig behandeln, das ist ein grosses Spannungsfeld.
„Für uns Ärzte ist es nicht immer einfach, zu merken, ob die Patienten alles verstanden haben und ob sie zufrieden waren oder nicht.„
Welche Gebiete interessieren Sie besonders in der Medizin?
Besonders spannend finde ich nach wie vor die neurologischen Erkrankungen. Vieles ist noch nicht erforscht in dem Bereich. Bei der Befundaufnahme weiss man anfangs oft nicht, wo das Problem liegt und muss ein wenig suchen und der Sache auf den Grund gehen. Es ist wie ein Hindernislauf, diese Herausforderung gefällt mir.
Auch die Palliativmedizin interessiert mich. Dieser Bereich kommt in der Medizin allgemein etwas zu kurz. Die meisten Leute (auch Ärzte) mögen sich nicht damit beschäftigen. In den Spitälern in den ich gearbeitet habe, hat man die sterbenden Patienten oft mir zugewiesen, weil ich sie gern betreute. Ich bin auch überzeugt, dass die Palliativmedizin ein aufkommendes Gebiet ist: Immer mehr Menschen möchten zu Hause sterben und nicht im Spital. Es wird zukünftig mehr Mediziner brauchen, die schwer Kranke zu Hause betreuen können.
Was war die schönste oder lustigste Geschichte, die Sie je mit einem Patienten erlebten?
Im Spital Wetzikon behandelte ich einen älteren Patienten mit einer schweren Krankheit. Anstatt mir seine Krankengeschichte zu erzählen, legte er mir ein ausgedrucktes Worddokument hin, worin er seine Geschichte niedergeschrieben hatte. Etwas irritiert begann ich zu lesen.
Die Geschichte war so schön geschrieben, dass sich mein anfänglicher Missmut rasch legte. Es war fast eine romanartige Erzählung, die mich berührte und mir einen ganz neuen Zugang zur Person und seiner Krankheit gewährte.
Wann freuen Sie sich in Ihrem Beruf?
Immer wenn ich jemandem helfen kann. Meist merke ich das dann, wenn jemand in die Kontrolle kommt und sein Problem sich verbessert hat oder die Krankheit kuriert ist.
Ich behandle auch sehr gern Kinder. Mit ihnen ist eine Konsultation meist eine eher heitere Sache, denn eine ernste Angelegenheit, sonst würden sie gar nicht mitmachen.
Wann ärgern Sie sich in Ihrem Beruf?
Wenn ich für ein komplexes medizinisches Problem keine rasche Lösung finde oder wenn ich dachte, ich könne einem Patienten mit einer bestimmten Behandlung helfen und dann funktioniert sie nicht.
Haben Sie Wünsche an Ihre Patienten?
Ich versuche meinen Patienten und den Menschen generell immer unvoreingenommen, freundlich und respektvoll zu begegnen und wünsche mir dasselbe von Ihnen.
Für uns Ärzte ist es nicht immer einfach, zu merken, ob die Patienten alles verstanden haben und ob sie zufrieden waren oder nicht. Darum bin ich immer froh, wenn ich von den Menschen direkt ein Feedback erhalte, sei es nun positives oder negatives.